Montag, 8. November 2010

Salesmen

"Come on, show me the capital !"



His eyes open wide in vision stared sternly across the sunbeam in
which he halted.

--A merchant, Stephen said, is one who buys cheap and sells dear, jew or gentile, is he not?

--They sinned against the light, Mr Deasy said gravely. And you can see
the darkness in their eyes. And that is why they are wanderers on the
earth to this day.

On the steps of the Paris stock exchange the goldskinned men quoting
prices on their gemmed fingers. Gabble of geese. They swarmed loud,
uncouth about the temple, their heads thickplotting under maladroit silk
hats. Not theirs: these clothes, this speech, these gestures. Their full
slow eyes belied the words, the gestures eager and unoffending, but knew the rancours massed about them and knew their zeal was vain. Vain patience to heap and hoard. Time surely would scatter all. A hoard heaped by the roadside: plundered and passing on. Their eyes knew their years of wandering and, patient, knew the dishonours of their flesh.

--Who has not? Stephen said.

--What do you mean? Mr Deasy asked.

He came forward a pace and stood by the table. His underjaw fell
sideways open uncertainly. Is this old wisdom? He waits to hear from me.

--History, Stephen said, is a nightmare from which I am trying to awake.

From the playfield the boys raised a shout. A whirring whistle: goal.
What if that nightmare gave you a back kick?

--The ways of the Creator are not our ways, Mr Deasy said. All human
history moves towards one great goal, the manifestation of God.

Stephen jerked his thumb towards the window, saying:

--That is God.

Hooray! Ay! Whrrwhee!

--What? Mr Deasy asked.

--A shout in the street, Stephen answered ...

--- JAMES JOYCE, ULYSSES (1922)



Seine Augen öffneten sich weit, als hätte er eine Vision, starrten unbeweglich durch den Sonnenstrahl, in dem er stand.

"Kaufmann", sagte Stephan, "ist der, der billig einkauft und teuer verkauft, ob er nun Jude oder Heide ist. Habe ich nicht recht ?"

"Sie sündigten gegen das Licht", sagte Deasy ernst. "Und man kann in ihren Augen die Finsternis erkennen. Und deshalb finden sie bis auf den heutigen Tag keine Ruhe auf Erden."

Auf den Stufen der Pariser Börse stehen goldhäutige Männer, notieren die Kurse mit ihren begemmten Fingern. Gänsegeschnatter. Sie schwärmten laut, unheimlich durch den Tempel, unter ungeschickten Seidenhüten ersannen ihre Köpfe allerlei Ränke. Nicht ihre: diese Kleider, diese Worte, diese Gesten. Ihre schweren, langsamen Augen straften die Worte, die eifrigen und harmlosen Gesten Lügen, kannten aber den Haß, der sich um sie türmte, und wußten, daß ihr Eifer umsonst war. Vergeblich häuften und sammelten sie geduldig. Zeit würde sicher wieder alles zerstreuen. Ein Schatz, aufgehäuft am Straßenrande: Plündern und Weitergehen. Ihre Augen kannten die Jahre des Wanderns, und geduldig kannten sie die Unehre ihres Fleisches.

"Wer tat das nicht?", sagte Stephan.

"Was meinten Sie ?", fragte Deasy.

Er kam einen Schritt nach vorn. Ungewiß fiel ihm der Unterkiefer schief nach unten. Ist dies alte Weisheit ? Er will von mir hören.

"Geschichte", sagte Stephan, "ist ein Alp, aus dem ich erwachen will."

Vom Spielplatz klang wieder der Knaben Schrei. Ein schwirrender Pfiff: Tor. Und wenn dieser Alp dir nun von hinten einen Tritt versetzte ?

"Die Wege Gottes sind nicht unsere Wege", sagte Deasy. "Alle Geschichte bewegt sich auf ein großes Ziel zu, die Offenbarung Gottes."

Stephan schnellte den Daumen auf das Fenster zu und sagte:

"Das ist Gott."

"Hurra ! aaa! raa!"

"Was ?", fragte Deasy.

"Ein Schrei auf der Straße", antwortete Stephan …

(ÜBERSETZUNG GOYERT 1927)




Die Augen weit offen wie vor einer Vision, starrte er streng durch den Sonnenstreif, in dem er stehengeblieben war.

Ein Kaufmann, sagte Stephan, ist einer, der billig einkauft und teuer verkauft, ganz gleich ob Jude oder Heide, nicht wahr ?

Sie haben gesündigt wider das Licht, sagte Mr. Deasy grabesschwer. Noch in ihren Augen kann man die Finsternis sehen. Und das ist der Grund, daß sie Wanderer sind auf Erden, bis auf den heutigen Tag.

Auf den Stufen der Pariser Börse die goldhäutigen Männer, Kurse notierend mit ihren edelbesteinten Fingern. Narrengeschnatter. Sie wimmelten laut und unheimlich herum im Tempel, die Köpfe voll pausenlos schwirrender Flausen unter den linkisch getragenen Seidenhüten. Nicht die ihren: diese Kleider, diese Reden, diese Gesten. Die vollen bedächtigen Augen straften sie Lügen, die Worte, die gierigen und doch harmlosen Gesten, doch sie kannten den tiefen Haß, der sich um sie ballte, und wußten, ihr Eifer war eitel. Die Zeit würde gewißlich alles wieder zerstreuen. Ein Hort, gehäuft nur am Straßenrand: geplündert bald und in andere Hände wandernd. Ihre Augen kannten die Jahre des Wanderns und wußten, harrend, um die Unehren ihres Fleisches.

- Wer wäre das nicht ?, sagte Stephen.

- Wie bitte, was meinen Sie ?, fragte Mr. Deasy.

Er kam einen Schritt vor und stand am Tisch. Der Unterkiefer sank ihm schief herab, der Mund stand ihm unsicher offen. Ist das die Altersweisheit ? Er wartet, daß ich etwas sage.

- Die Geschichte, sagte Stephen, ist ein Albtraum, aus dem ich zu erwachen versuche.

Vom Spielfeld der Knaben scholl Gebrüll herüber. Ein schwirrender Pfiff: Tor. Doch was, wenn dieser Albtraum dir einen Tritt versetzte ?

Die Wege des Schöpfers sind nicht unsere Wege, sagte Mr. Deasy. Alle Geschichte bewegt sich auf ein einziges großes Tor zu: die Offenbarung Gottes.

Stephens Daumen schnellte hoch und wies auf das Fenster:

- Das ist Gott !

Hurrah! Aaah ! Jaaaaah!

- Was ? fragte Mr. Deasy.

- Ein Gebrüll auf den Gassen, antwortete Stephen …

(ÜBERSETZUNG WOLLSCHLÄGER 1975)



Sources:

The Fragment is taken from the Nestor-Episode in the Telemachiad, the First Part of "Ulysses"

Ulysses by James Joyce, Shakespeare and Company, 12, Rue de l'Odéon, 12, Paris 1922, page 33

James Joyce, Ulysses, edited with an Introduction and Notes by Jeri Johnson, first published 1993, reissued as an Oxford World’s Classic Paperback, Oxford University Press, 1998, page 33 (reproduces the 1922 original edition with identical pagination)

James Joyce, Ulysses, vom Verfasser autorisierte Übersetzung von Georg Goyert, mit einer Einführung von C. Giedion-Welcker, Rhein-Verlag AG, Zürich 1956, Lizenzausgabe Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1966, Band 1, Seite 42

James Joyce, Ulysses. Roman, übersetzt von Hans Wollschläger, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1975, Lizenzausgabe für die Europäische Bildungsgemeinschaft Verlags-GmbH u. a. , o.O, o. J., Seite 48.



IMAGO: marx_comix

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