Und er fand dort eine Höhle und führte sie hinein und ließ seine Söhne bei ihr stehen und ging hinaus, um eine hebräische Hebamme in der Gegend von Bethlehem zu suchen. Ich aber, Joseph, ging umher und ging doch nicht umher. Und ich blickte hinauf zum Himmelsgewölbe, und ich sah es stillstehen, und ich blickte in die Luft und sah die Luft erstarrt und die Vögel des Himmels unbeweglich bleiben. Und ich blickte auf die Erde, und ich sah eine Schüssel stehen und Arbeiter darum gelagert, und ihre Hände in der Schüssel. Aber die Kauenden kauten nicht, und die etwas aufhoben, hoben nichts auf, und die etwas zum Munde führten, führten nichts zum Munde, sondern alle hatten das Angesicht nach oben gerichtet. Und siehe, Schafe wurden umhergetrieben und kamen doch nicht vorwärts, sondern standen still; und der Hirte erhob die Hand, sie mit dem Stecken zu schlagen, aber seine Hand blieb oben stehen. Und ich blickte auf den Lauf des Flusses, und ich sah die Mäuler der Böcke darüberliegen und nicht trinken. Dann aber ging alles auf einmal wieder seinen Gang.
Protevangelium des Jakobus, Kap. 18, nicht vor 150 n. Chr.
(= W. Schneemelcher ed., Neutestamentliche Apokryphen, Bd. I: Evangelien, 6. Auflage, 1990, S. 345f. ; Übers. O. Cullmann)
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Sobald ein Mensch kommt, der etwas Primitives mit sich bringt, so daß er also nicht sagt: Man muß die Welt nehmen wie sie ist ... , sondern sagt: Wie die Welt auch ist, ich bleibe bei einer Ursprünglichkeit, die ich nicht nach dem Gutbefinden der Welt zu verändern gedenke: im selben Augenblick, als dieses Wort gehört wird, geht im ganzen Dasein eine Verwandlung vor sich. Wie im Märchen - wenn das Wort gesagt wird, sich das seit hundert Jahren verzauberte Schloß öffnet und alles Leben wird: so wird das Dasein lauter Aufmerksamkeit. Die Engel bekommen zu tun und sehen neugierig zu, was daraus werden wird, denn dies beschäftigt sie. Auf der anderen Seite: finstere unheimliche Dämonen, die lange untätig dagesessen und an ihren Fingern genagt haben, springen auf und recken die Glieder, denn, sagen sie, hier gibt es etwa für uns.
Siegfried Kracauer, den Kierkegaard zitierenden Kafka zitierend
(= S. Kracauer, Geschichte - Vor den letzten Dingen (1966), übers. v. K. Witte, 1971, S. 246)
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