Freitag, 19. November 2010

Spiritualité et récitation

Music from Ostad Elahi (1895 - 1974), who was a spiritual thinker, musician, philosopher and jurist at the same time - Here another of his compositions, played by his youngest son, Dr. Chahrokh Elahi



And I say that to God Most High belongs a secret consisting in the relationship of measured airs to the souls of men, so that airs work upon them with a wonderful working. Some sounds make to rejoice and some to grieve, some put to sleep and some make to laugh, some excite and some bring from the members movement according to the measure, with the hand and the foot and the head.

Et je dis qu’à Dieu le Très-Haut appartient un secret qui consiste dans la relation des airs mésurés avec les âmes des hommes, de faςon que ces airs s’exercent en eux avec une efficacité éblouissante. Certains sons (aswât) font qu’on se réjouit, d’autres qu’on attriste, certains font dormir, d’autres font rire, certains excitent (itrâb) et suscitent dans les membres des mouvements, de la main, du pied et de la tête, accordés à la mésure.

- Al-Ghazali, The Revival of the Religious Sciences, Book 18 (On Music and Singing), written around 1100



Tant qu’on voudra considérer les sons que par l'ébranlement qu’ìls excitent dans nos nerfs on n’aura point les vrais principes de la musique et de son pouvoir sur les cœurs. Les sons dans la mélodie n’agissent pas seulement comme sons, mais comme signes de nos affections …

Solange man die Klänge nur an der Erschütterung bemißt, die sie unseren Nerven bereiten, wird man niemals zu den wahren Prinzipien der Musik und ihrer Macht über die Herzen gelangen. Die Klänge in der Melodie wirken nicht nur als Klänge, sondern als Zeichen unserer Gefühle …

- Rousseau, Essai sur l’origine des langues, où il est parlé de la mélodie et de l’imitation, écrit en 1754, publié en 1781



… es schien, als begleiteten die verzierten Wände und Decken die Pilger bei der Rezitation des Korans.

Das Grundprinzip war Symmetrie. Es begeisterte die Sinne, es feierte die Schöpfung und reflektierte in seiner strengen Form eine größere Wahrheit. Gott hat die Welt, wie der Koran mehrfach sagt, in richtiger Proportion geformt. Symmetrie ist mehr als nur eine ästhetische Regel, sie ist eine Qualität der göttlichen Schöpfung. Indem der Mensch die Regeln der Symmetrie und Proportion auf sein Leben überträgt, folgt er sozusagen Gottes Fußstapfen. Symmetrie als Tugend.

In den Mustern und Ornamenten des Islam, in den kleinen gleichmäßigen Einheiten, die auf Stoff und Marmor zusammenwirken und die von den Innenwänden zu den Außenwänden und von dort in die weite Welt hineingeschrieben werden, herrschen einige Grundprinzipien: Gleichgewicht, Wiederholung, Wechselbeziehung, Gleichförmigkeit. Keines der Elemente erfährt durch Perspektive oder Positionierung größere Bedeutung als die anderen, so wie kein Mensch höher steht als ein anderer. Der Mikrokosmos spiegelt sich im Makrokosmos. Das Geheimnis der Schönheit liegt in der verschlungenen und verwickelten Beziehung zwischen den gleichgewichtigen Teilen.

Um das gesamte Ornament zu erkennen, muß man außerhalb des Musters stehen. Die Schöpfung ist größer als die Summe aller Teile. So repräsentiert der Schmuck der Welt sowohl die göttliche Ordnung als auch die Verpflichtung zu ihr. Die islamische Kunst ist in allen ihren Formen ein einziger Lobgesang. Sie verdeutlicht die Unermeßlichkeit Gottes.

Aber mit welchem Effekt und mit welchem Ziel, dachte ich, als ich ein letztes Mal um die Kaaba kreiste …

- Ilija Trojanow, Zu den heiligen Quellen des Islam. Als Pilger nach Mekka und Medina, 2004



Sources:


Al-Ghazali (1058-1111) wrote his last great work "The Revival of the Religious Sciences" in the years after he had passed through a spiritual crisis and abandoned his post as professor at Bagdad university (Nizamiyya) in 1095. It's forty books deal in four divisions - worship, daily life, moral evils and virtues - with the whole of Islamic life from a practical point of view. Book 18 (Kitab âdab al-sâma' wa al-wajd, "Book on the good use of audition and trance") is part of the second division. It was translated into English by Duncan Black MacDonald, Emotional Religion in Islam as affected by Music and Singing. Being a Translation of a Book of the Ihyâ 'Ulûm ad-Dîn of al-Ghazzâlî with Analysis, Annotation, and Appendices, in: Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland, 1901: pages 195-252 et 705-748; 1902: pages 1-18; cited here according to page 218; translated into French by Gilbert Rouget, La musique et la transe. Esquisse d’une théorie générale des relations de la musique et de la possession, Nouvelle édition revue et augmentée, Préface de Michel Leiris, Gallimard, Paris 1990, page 470 (transl. enlarged by me); the English translation of Al-Ghazali's treatise has recently been republished under the title "Music and Singing", by IBT Books, Kuala Lumpur 2009, 139 pages, ISBN: 9789675062230

Rousseau édité par Chr. Porset, Ducros, Bordeaux 1970, page 163, cité par Rouget sur page 311; il y a maintenant une nouvelle édition franςaise de ce texte chez L'Harmattan, Paris 2009, ISBN 978-2-296-09168-9 (avec un essai de la philosophe Angèle Kremer-Marietti, "Jean-Jacques Rousseau ou la double origine et son rapport au système langue-musique-politique"); auf deutsch existiert eine Ausgabe J.-J. Rousseau, Musik und Sprache. Ausgewählte Schriften, übersetzt von Dorothea und Peter Gülke, Heinrichshofen, Wilhelmshaven 1984, ISBN 3-7959-0424-2 (vermutlich ist der besagte Text sowie Rousseau's "Dictionnaire de Musique" darin enthalten)

Ilija Trojanow, Zu den heiligen Quellen des Islam. Als Pilger nach Mekka und Medina, Piper Verlag, München 2004 (erschienen im Verlagsprogamm Malik), Taschenbuch Serie Piper 2006, Seite 135

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